Verloren und doch gewonnen

Das seit geraumer Zeit durch die Fachöffentlichkeit geisternde Thema freier Mitarbeit beschäftigt erneut die Physiotherapie-Branche. Der lang erwartete Richterspruch des Bundessozialgerichts (BSG) bestätigte nun das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen/Bremen, das der freien Mitarbeiterin einer Physiotherapie-Praxis eine Scheinselbstständigkeit unterstellte. Trotz der Niederlage der Klägerin bedeutet das BSG-Urteil jedoch einen wichtigen Präzedenzfall für die Rechtmäßigkeit freier Mitarbeit in Physiotherapie-Praxen.

Der 12. Senat hat sich der Rechtsprechung des 3. Senats des BSG angeschlossen und verweist darauf, dass die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und einem zugelassenen Heilmittelerbringer den Einsatz freier Mitarbeiter zulässt. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) war in der Vergangenheit bei der Anerkennung der Selbstständigkeit von Physiotherapeuten, die ihre Leistungen in einer fremden, zugelassenen Praxis erbringen, zunehmend restriktiver vorgegangen. Die selbstständige Tätigkeit von freien physiotherapeutischen Mitarbeitern wurde immer häufig in Frage gestellt. Durch die Urteile zweier Landessozialgerichte zugunsten der DRV Bund hatte sich bei Praxisinhabern die Unsicherheit, verbunden mit dem Risiko beträchtlicher Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen, weiter verfestigt.

Obwohl eine Physiotherapie-Praxis nun die Revision vor dem BSG verloren hat, kann die Branche aufatmen. Das BSG hat erkannt, dass die Sichtweise der Landessozialgerichte nicht angemessen ist, dass Physiotherapeuten immer abhängig Beschäftigte seien, wenn sie in kassenzugelassenen Praxen arbeiten. Solange bestimmte Kriterien für eine selbstständige Tätigkeit erfüllt sind, können Praxen für die Leistungserbringung weiterhin freie Mitarbeiter einsetzen. Im aktuellen Fall hingegen war die selbstständige Physiotherapeutin zu stark in die betriebliche Organisation der Praxis eingebunden, sodass die DRV Bund nach Auffassung der Richter zu recht von einer abhängigen Beschäftigung ausging. Wichtig für den Themenkomplex wird auch zukünftig sein, dass das Vertragsverhältnis zu freien Mitarbeitern deren unternehmerisches Handeln klar erkennen lässt.

Das aktualisierte Merkblatt P19 zu den Kriterien freier Mitarbeit können IFK-Mitglieder in Kürze im geschützten Mitglieder-Service auf der IFK-Homepage einsehen.

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